Kürzlich schrieb ich für den PROTECTOR einen Artikel über Smarthome-Technik – im speziellen über die Sicherheitskomponenten darin und über die Chancen für die Security-Branche. Seitdem begegnet mir dieses Thema ständig – und es beschäftigt mich auch im privaten Umfeld. Aber genau hier macht es mich angesichts jüngster Berichte teilweise skeptisch.
Natürlich kommt es häufiger vor, dass ich mich berufsbedingt in neue Themenfelder und Techniken einarbeiten muss – meist sind diese recht interessant oder haben reizvolle technische Aspekte. Bei „Smarthome“ war dies aber in besonderem Maße der Fall, weil ich diese Technik (zumindest in Grundzügen) bereits nutze. Wie viele andere habe ich Zuhause einen Medienserver eingerichtet, der Musik und Filme an PCs, Tablets, Fernseher und Smartphones im WLAN streamt und sich über diese Geräte auch steuern lässt. Im Heimnetz tummeln sich heute nicht selten auch diverse NAS- oder Home-Cloud-Speicher, die Familienfotos, Dokumente und Mails auf allen verbundenen Geräten verfügbar machen.
Das ist praktisch, das ist komfortabel, das ist modern. Jedoch kann es auch schnell unkontrollierbar werden. Kürzlich warnte der Hersteller Samsung die Nutzer seiner Smart-TVs, beim Umgang mit der integrierten Sprachsteuerung vorsichtig zu sein.
In der Erklärung hieß es, Besitzer der Smart-TVs sollten sich dessen bewusst sein, wenn sie „persönliche oder sensible Informationen“ aussprechen. Diese landen nämlich unter Umständen auch im Netz auf einem Samsung-Server. Möchte man dies nicht, solle man die Spracherkennung besser abschalten und das Gerät regulär mit der Fernbedienung steuern. Tolle Empfehlung – friss oder stirb.
Medial sorgte diese Warnung natürlich für enormen Wirbel, so dass Samsung sofort in den Modus Schadensbegrenzung schaltete. Niemand würde „Spionage betreiben“ erklärte man, und es gebe auch kein „Big Brother“ im Fernseher, außer vielleicht auf RTL2. Zudem nehme man die Privatsphäre der Kunden sehr ernst. Man sorge für eine verschlüsselte Übertragung, um die Daten gegen Fremde zu schützen. Dennoch gehen sie wohl auch an Drittanbieter – aber an welche, das teilte Samsung nicht mit.
Dies scheint die Schattenseite der intelligenten Technik zu sein – sie hat ihren eigenen Kopf. Oder, um ihr nicht zu viel zu unterstellen, sie dient womöglich insgeheim noch anderen Interessen als denen des Nutzers, der es beim Mediengenuss zu Hause möglich komfortabel haben möchte. Eines ist jedoch klar: Was der Nutzer ganz bestimmt nicht möchte, ist in den eigenen vier Wänden von Unterhaltungselektronik abgehört zu werden.
Doch warum gehen die Konzerne ein solches Risiko ein, die eigenen Kunden auf immer und ewig zu vergrätzen? Die Antwort ist einfach: Geld. Genauer gesagt, Einnahmen aus Werbung. Denn die auf vielfältige Weise gesammelten Nutzerdaten sind eine ideale Basis für individualisierte Werbung. Und: Die smarten Geräte eröffnen nun auch noch einen neuen Kanal, um sie an den Mann zu bringen.
Dies belegt wiederum Samsung. Einige der Smart-TVs des Herstellers haben offenbar ungefragt und eigenmächtig Werbung eingeblendet, und zwar über Filme und Inhalte, welche die Nutzer nicht etwa im Internet, sondern in ihrem lokalen Netz angesehen hatten. Die Fernseher waren so konfiguriert, dass sie von einer Einwilligung der Nutzers ausgingen. Will der Nutzer seltsamerweise doch nicht belästigt werden (und davon ist auszugehen), muss er es extra deaktivieren. Samsung erklärt hierzu, es sei lediglich ein Fehler gewesen, der nur in Australien aufgetaucht sei. Fehler hin oder her – man könnte es auch gut für einen Testballon halten. Nicht auszuschließen, dass dieser Dienst bald weltweit die Nutzer sprichwörtlich „heimsucht“.
Die Frage, die sich jeder selbst stellen muss, lautet also: Will ich das? Gebe ich für ein bisschen mehr Komfort meine Privatsphäre auf und lasse mich auch zu Hause zum gläsernen Nutzer machen? Aktuell werden die meisten vermutlich laut „Nein!“ rufen, doch die Zeit wird zeigen, ob es sich nicht schleichend doch genau in diese Richtung entwickeln wird. Es steht zu befürchten. Man kann also nur jedem raten, der neuen smarten Technik nicht blind zu vertrauen, sondern im Detail zu prüfen, was diese insgeheim womöglich an Dritte überträgt. Man sollte kritisch hinterfragen, welche kleinen (Werbe-)Spione man sich ins Haus holen möchte.
Alternativen von seriösen, nicht werbegetriebenen Anbietern gibt es selbstverständlich auch. Man muss sich dafür jedoch die Mühe machen (Achtung, unbequem!), sich zu informieren und dabei nicht nur smart, sondern auch skeptisch zu sein.